Was kostet eine Weiterbildung

Stille im Besprechungsraum. Soeben hat der Vortrag des Personal- und Ausbildungsleiters über eine digitale Lernplattform samt Qualifizierung der Ausbilder sowie der Azubis und weiterer Mitarbeiter für das Folgejahr geendet. Es ist Budgetplanungszeit. Der Marketingchef verdreht die Augen. Der Geschäftsführer wirkt verunsichert.

Dann stellt der Controller die entscheidende Frage: wie hoch ist eigentlich der ROI? 
Der ROI. Return on Investment, auf deutsch die Kapitalrendite. Es ist absolute Mode, Bildungsleistungen in ROI zu messen. Unser Controller schiebt übrigens gleich noch Beispiele für, aus seiner Sicht, misslungene ROI im Bildungsbereich der letzten Jahre vor. Na klar, Personal muss funktionieren. Personal kostet schließlich viel Geld, hat der Controller ausgerechnet. Und jetzt auch noch Qualifizierung und eine Lernplattform! Der Geschäftsführer wirkt noch unsicherer als anfangs und - vertagt die Entscheidung.

In vielen Geschäftsberichten steht, das Personal sei das wichtigste Asset eines Unternehmens. Und da Controller gern alles ausrechnen möchten, versuchen sie natürlich Qualifizierungskosten mit dem ROI zu berechnen. Höchst wahrscheinlich wird das in den meisten Fällen nicht seriös funktionieren.

Experten rechnen deshalb damit, dass in Zeiten knapperer Budgets viele Qualifizierungsmaßnahmen nach hinten verschoben werden oder garnicht stattfinden werden, weil die Kosten absolut zu hoch oder relativ nicht beweisbar sind.

Gut, dass der Schweizer Wissenschaftler Urs Gröhbiel nun eine Definition des Return on Education vorgelegt hat. Der ROE (nicht zu verwechseln mit dem Return on Equity) berücksichtigt auch Faktoren, die nicht direkt berechnet werden können.

Aber anders als beim Return on Investment sind im Bildungsbereich die Faktoren, welche zu einer bestimmten Leistung oder Wirkungen beitragen, oft nicht eindeutig zu bestimmen. Faktoren wie Motivation, Leistungsbereitschaft oder verbesserte Lernkultur sind schwierig zu quantifizieren oder in monetäre Größen umzurechnen, obwohl sie für eine Institution oder Firma langfristig eine wichtige Rolle spielen können.
Nach Gröhbiel können drei Ebenen von Nutzen und Kosten unterschieden werden:
  • Monetäre Ebene
  • Quantifizierbare Ebene 
  • Nicht quantifizierbare Ebene
Der Faktor „Nutzen“ lässt sich oft schwer zu quantifizieren: Zugrunde liegen hier zum Beispiel Wissen, Engagement, Motivation, Lern- oder Leistungsbereitschaft, vielleicht sogar höhere Umsätze durch schnellere Reaktionszeiten (in unserem Beispiel). Gerade diese Faktoren können sehr entscheidend für den langfristigen Unternehmenserfolg sein.


Investiert ein Unternehmen beispielsweise in ein digitales Lermanagementsystem samt Einführungs-Qualifizierung, so kann der Return on Education folgendermaßen bestimmt werden:
Das durch schnelle Zugriffzeiten erlangte Wissen führt zu höherer Kompetenz der Mitarbeiter, welche wiederum zu höherer Produktivität und damit zu größerem Unternehmenserfolg (höherer Umsatz) führt.
 
Investition und Weiterbildungskosten als Einführung für die Mitarbeiter: 15.000,00 €.
Durch den Mitarbeiter zusätzlich generierter Umsatz (Nutzen): 24.000,00 €
ROE in % = ((24.000 – 15.000)/ 15.000) * 100 = 60%.
Die Investition in die Weiterbildung der Mitarbeiter hätte sich in diesem Beispiel also deutlich gelohnt.

Vielleicht ist dann sogar der Controller zufrieden. Der Geschäftsführer vermutlich sehr!

Weitere Beispielrechnungen werden wir hier veröffentlichen. Bleiben Sie gebildet!

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