Disruption in der Bildung 2018

Wer sich mit der beruflichen Bildung befasst, weiß, dass es neue und sehr innovative Bildungsanbieter gibt. Wir müssen uns an Namen wie Khan-Academy, Udemy, Coursera, Udacity, EdX oder auch Google gewöhnen. Diese Unternehmen haben (oder sind) Plattformen einer ganz neuen Generation von Bildungsanbietern und es scheint, dass sie den Bildungsmarkt von morgen bestimmen. Es sind keine Schulen, es sind keine Hochschulen, es sind keine Verlage. Sie sind von allem etwas - eben etwas Neues.

Bereits heute arbeiten immer mehr große Arbeitgeber mit diesen Plattformen zusammen. Für diese Zusammenarbeit bekommen Kunden teilweise Open-Source-Angebote. Das Ziel ist klar: es geht um die Gewinnung von Marktanteilen.

Und ich bin sicher: der Disruptionsvorgang in der Bildungsbranche wird sich damit beschleunigen. Und das nicht nur über den Preis, sondern auch über das Konzept!

Der Siegeszug der neuen Anbieter erfolgt nämlich nicht nur über die großen privaten Nachfrager, sondern auch über den Umweg vieler kleiner Initiativen, über privat oder kreativ finanzierte Schulen, durch freies Geld von Eltern oder Stiftungen. Schauen Sie ins Netz, recherchieren Sie. Wie Pilze kommen neue Anbieter aus dem Nichts. Was sie zu verlieren haben? Garnichts. Was sie gewinnen können? Alles.

Was macht das etablierte deutsche Bildungswesen?
Bildungspolitiker und öffentliches Bildungssystem bleiben bei Sonntagsreden und - vor allem - beim alten System. Das stützt sich auf staatliche Zertifizierungsregeln, deren Grundlagen eher an einen Schutz erinnern, denn an wirkliche Qualitätssicherung. Ein Schutz zur eigenen Lebensverlängerung.

Übrigens: Die erste internationale und wirkliche Bildungs-ISO (ISO 29990) wird weder vom deutschen Schulsystem noch von großen Weiterbildungsnachfragern, wie Agentur für Arbeit oder Rentenversicherern, akzeptiert. Auch hier gilt, Hauptsache alte ("bewährte") Normen.

Was sich im Bildungssystem und bei den etablierten Bildungsanbietern allerdings neu entwickelt: Ratlosigkeit und viele Fragen. In welche Richtung man investieren müsse, wie man mit einzelnen E-Learning-Inseln arbeiten könne, oder wie man den langweiligen Präsenz- und Frontalunterricht mit ein paar Projektübungen auffrischen kann.

Ja. Dann werden noch ein paar Milliarden in technische Systeme in Schulen investiert. (Hoffentlich können diese dann auch vom Personal bedient werden.)

Und natürlich kommen dann noch die politischen Forderungen, man dürfe „niemanden zurück“ lassen.

Bei allem Respekt: ein 300 Jahre altes System mit ähnlich alten Strukturen durch ein paar E-Learning-Kurse oder Projektübungen aufzupeppen, ist wirklich sehr kurz gesprungen.

Und der Lernwillige? Der sucht sich seinen eigenen Weg und freut sich über das Entstehen von tausenden MOOCs und kollaborativen Learning Communities, um seine eigene Bildung auf ein neues Niveau zu bringen.

Die neuen digitalen Anbieter haben verstanden, dass der Arbeitsmarkt in wenigen Jahren nicht mehr wiederzuerkennen sein wird.

Dafür wird heute zeit- und ortsunabhängiges Lernen benötigt in "Communities of Practice" und in Clouds. Apple, Harvard, Stanford, Google oder Hasso-Plattner-Institut haben verstanden, vom Endkunden aus zu denken. Das ist der Lernende oder der Sponsor einer Lerndienstleistung, zum Beispiel die Wirtschaft. Und individualisiertes Lernen lässt übrigens weniger Menschen zurück, als es standardisierte Lernpläne mit überfordertem Bildungspersonal annähernd schaffen.


Wie sich die Disruption ab 2018 weiter vollziehen wird:


  • Es drängen weitere unzählige Anbieter digitaler Bildungs-Plattformen auf den Markt.
  • Gleichzeitig wird die Organisation in Lern-Silos sukzessive absterben. Junge Menschen orientieren sich in der Planung ihrer beruflichen Zukunft immer früher und immer stärker an ihren eigenen Potenzialen und Neigungen. Und die müssen sie mit dem Bedarf eines völlig veränderten Arbeitsmarktes in Verbindung bringen. Ich denke, sie tun das über vorhandene, funktionierende und einfach zu bedienende Netzwerke (diese sind aktuell nur bei den neuen Anbietern zu finden).
  • Die Vermittlung von beruflichem Grundlagenwissen als ehemaliges Kerngeschäft der Berufs- und Hochschulen wird in Größenordnungen digitalisiert. Auszubildende oder Studierende besorgen sich ihr Wissen innerhalb dafür entwickelter Netzwerke, deren Aufgabe es ist, Bildung als Befähigung zu verstehen, nicht als Prozesse der Zertifizierung und Auslese. Coaches aus ihrem Netzwerk begleiten sie dabei. Entweder mit den Berufs- und Hochschulen, oder ohne diese.
  • Aufgrund der radikalen Neuordnung der Berufe und der Arbeitsmärkte, werden die herkömmlichen Formen von Zertifizierungen (Bachelor, Master, Meister, Facharbeiter) vermengt und aufgeweicht. Die künftige Reputation wird durch digitale Nachweise der jeweiligen Tätigkeiten erfolgen (Bewertungsportale, Kunden-Meinungen, etc.). 

Konsequent bis zu Ende gedacht, werden die digitalen Plattform-Anbieter die Kulturrevolution des deutschen Bildungswesens durchführen.
Die digitale Bildungs-Verfügbarkeit jenseits von Raum und Zeit wird bisherige Zugangshürden einfach überrennen. Gute Qualität und Vielfalt werden sich durchsetzen und digitale Bildung als neues flexibles System etablieren.

Sollten wir in Deutschland versuchen, diese Entwicklung durch weitere staatliche Hürden zu regulieren, dürfen wir nicht vergessen: Der Zugang zu einem Server ist nicht verboten. 

Natürlich soll das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden. Haptisches Lernen wird auch in absehbarer Zukunft immer analog bleiben. Und wir werden weiter lesen. Aber um genau das Optimum als Mix zwischen analogem und digitalem Lernen zu entwickeln, müssen wir uns dem Neuen gegenüber aufschließen.

Ich stehe für Diskussionen gern zur Verfügung!

Allen unseren treuen Lesern alles Gute für ein gesundes und hoffentlich friedliches 2018.  










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